Das Handwerk

Trend zur regionalem Brot aus Urgetreide

Bäcker haben es nicht leicht. Neben nächtlichen Arbeitszeiten und Nachwuchsmangel machen die Brotautomaten im Discounter den Nahrungsmittelhandwerkern zu schaffen. Doch die Corona-Krise scheint den Trend zu mehr Regionalität zu verlagern. Das Deutsche Brotinstitut sagt jedenfalls: In der Region kann man es sich schmecken lassen.

Trier. Wenn Karl-Ernst Schmalz den Brotlaib mit einem kräftigen Schnitt spaltet, dann hat er bereits die ersten Kriterien seiner Prüfung getestet: Ob Aussehen oder Form und Oberfläche – der Prüfer des Deutschen Brotinstituts, weiß, dass das auch für den Verbraucher wichtig ist. Aber Schmalz riecht auch an dem Brot, prüft das Porenbild, sieht anhand der Krume, ob das Backwerk ausreichend lang im Ofen war. „Landbrot muss größere Poren haben, das Kauverhalten der Krume zeigt, ob das Brot lange haltbar ist“, sagt der gelernte Bäckermeister. Denn auch nach zwei bis drei Tagen müsse das Brot frisch und schnittfest sein, durch das Älterwerden wanderten die Aromen der Krume ins Innere. „Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, die Qualität des Bäckerhandwerks zu unterstützen und wo immer nötig Tipps zu geben“, sagt der Brotprüfer, der zuletzt mehr als 200 Proben regionaler Bäckerbetriebe unter die Lupe genommen hat (siehe Info). Denn: „Gute Qualität ist schwer zu backen.“

Doch das wird heutzutage nur noch wenig wertgeschätzt. Auch wenn das tägliche Brot im „Vater-Unser-Gebet“ Niederschlag findet und Brot das Grundnahrungsmittel Nummer eins der Deutschen mit mehr als 3000 verschiedenen Brotspezialitäten ist: Deutschlandweit ist die Zahl der Handwerksbäcker zwischen 2010 und 2017 um rund 27 Prozent gesunken. In der Region Trier gibt es noch 58 Innungsbetriebe zwischen Eifel, Mosel und Hunsrück. Die Zahl der Bäckerlehrlinge mit aktuell 26 und 27 Azubis zur Bäckereifachverkäuferin ist seit vier Jahren verhältnismäßig stabil auf niedrigem Niveau. 

Gleichzeitig hat sich der Anspruch der Kunden massiv gewandelt: „Früher hatten die Leute mehr Zeit, sind manchmal mehrmals am Tag für Brötchen, Brot und dann noch für Kuchen zum Bäcker gegangen. Heute will der Kunden morgens um 6 und abends um 18 Uhr das selbe umfangreiche Sortiment haben“, sagt Michael Borens, bis vor vier Jahren Obermeister der Bäckerinnung Trier-Saarburg aus Tawern. Sein Nachfolger Hans-Peter Kohr, Betriebsleiter bei der Bäckerei Kenner Brot ergänzt: „Deshalb können es sich nur noch kleinere Landbäckereien leisten, erst morgens mit dem Backen zu beginnen.“ Viele Backstuben so wie seine mit 15 Mitarbeitern starte bereits abends um 20 Uhr und backe die Nacht über durch.

Zu den Ausnahmen gehört etwa Walter Frick aus Mehring mit seinen zwei Beschäftigten, der um 2 Uhr morgens beginnt. Er und auch sein Kollege Marco Blau aus Osburg haben mit ihrem Faible fürs Experimentieren einen neuen Trend erkannt: die neue Begeisterung der Kunden für Urgetreide und Regionalität. „Wir haben inzwischen sogar Rotkorn, ein Ur-Dinkel, verbacken. Ich koche aber auch Dinkelflocken selber auf, füge Apfelmus oder Quark hinzu. Das ist aufwendig, aber ganz natürlich ohne Chemie und Backtriebmittel“, sagt Walter Frick. Sein Osburger Kollege, der den Betrieb von 1914 in vierter Generation führt, ergänzt: „Der Reiz des Berufs liegt im Experimentieren. Das fängt beim Mehl an“, sagt Blau, der seines von der nur 14 Kilometer entfernten Mühle aus Sommerau bezieht. Brot fange bereits beim Bauern an, ist Blau überzeugt, weshalb er den Trend zu Urgetreide und Regionalität begrüßt: „Dank Corona gilt uns Bäckern vor Ort wieder größere Aufmerksamkeit“, sagt er.

Text: Trierischer Volksfreund, Sabine Schwadorf